Christine Wunnicke: Wachs

Die beiden Frauenfiguren, deren Geschichte Christine Wunnicke für uns hier erzählt, waren schon zu Lebzeiten berühmte Töchter Frankreichs: Die eine war Marie Biheron, Autodidaktin auf dem Gebiet des menschlichen Körpers und so beste Anatomin Frankreichs, die seit ihrer Kindheit Leichen sezierte und schließlich aufwendige Wachsmodelle davon anfertigte. Sie traf tatsächlich auf Madeleine Basseporte, die ihre Zeichenlehrerin war. Madeleine war Künstlerin, die ihre Faszination für botanische Darstellungen ehrgeizig umsetzte und so in einer Männerwelt erfolgreich, z.b. für den König, zeichnete. Der Roman arbeitet mit Zeitsprüngen. Von einer jungen Marie, die sich 1733 in eine Kaserne einschleicht, um sich dort einen Leichnam zu erbitten (die Soldaten sind sehr verstört! und LeserIn vielleicht auch), springt es zu einer über 80 jährigen Marie auf ihrem Sterbebett. So folgt LeserIn den Frauen durch die Zeitebenen, wie sie sich kennen und lieben lernen, wie sie jeweils von ihrer Arbeit besessen, leben. Wunnicke ist eine außergewöhnliche Schriftstellerin. Sie ersinnt Romane, festgemacht an historischen Figuren, die LeserIn beglücken. Durch die Sprache schon eh, die einen weghebt und sofort transportiert, aber eben auch durch die einmalige Art wie sie Historisches mit Fiktionalem verbindet.
Fau Wunnicke wünschen wir den Buchpreis unbedingt! Nicht zuletzt, da wir uns bei ihrem Verlag, dem großartigen Berenberg Verlag, der leider seine Tore schließen wird, bedanken wollen. Dieser Verlag, der uns so viele außergewöhnlich gute und schön gemachte Bücher schenkte, wird in der Welt der Literatur sehr fehlen! Für Erwachsene. (AB)

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